Freitag, 18. Mai 2018

The Killing of a sacred Deer

























Regie: Giorgos Lanthimos

Racheengel...

"The Killing of a sacred deer" (Die Tötung eines heiligen Hirsches) ist nach dem oscarnominierten "Dogtooth", dem wenig beachteten Nachfolger "Alpis" und der sonderbaren Dystopie "The Lobster" der vierte Spielfilm des griechischen Autorenfilmers Giorgos Lanthimos.
Nachdem bereits sein verfasstes Drehbuch für "The Lobster" im Jahr 2015 bei der Vergabe des europäischen Filmpreises gewann, erhielt er gemeinsam mit seinem Kompagnon Efthymis Filippou  für "The Killing of a sacred deer" bei den Filmfestspielen in Cannes ebenfalls die Auszeichnung für das beste Drehbuch.  Den Stoff für den Film entlehnten die beiden Autoren aus der Antike. Nach der Sage hat Agamemnon den geliebten Hirsch von Artemis getötet. Er verlangt von diesem Gerechtigkeit durch ein gleichwertiges Opfer - Agamemnon soll seine geliebte Tochter Iphigenie töten.
Dabei führt der Regisseur den Zuschauer in eine scheinbar heile, fast schon sterile Welt des angesehenen Herzchirurgen Steven Murphy (Colin Farrell). Der lebt scheinbar glücklich mit seiner Frau Anna (Nicole Kidman), einer Augenärztin. Tochter Kim (Raffey Cassidy) steckt mitten in der Pubertät und der kleine Bob (Sunny Suljic) will sich partout seine langen Haare nicht schneiden lassen.
"The Killing of a sacred Deer" beginnt aber mit einem Bild aus dem Operationssaals des Vaters, dort wird ein offenes schlagendes Herz gezeigt. Das Bild wird untermalt von sakralen Klängen aus Johann Sebastian Bachs "Stabat Mater".
Der Chirurg ist mit dem Anästhesisten Matthew (Bill Camp) befreundet, nach der geglückten OP unterhalten sich die beiden Männer auf dem Korridor des Krankenhauses über Uhrenarmbänder. Dabei wirkt Steven sehr kühl, sehr beherrscht - genau wie sein gesamtes Umfeld.
Interessanterweise scheint Steven mit einem Jungen namens Martin (Barry Keoghan) befreundet zu sein, denn die beiden treffen sich öfters am Ufer des Flusses. Steven macht Martin Geschenke, der freut sich darüber und auch über eine Umarmung seines väterlichen Freundes. Irgendwann lädt Steven den Jungen, der seinen Vater verlor, auch zu sich nach Hause ein. Dort macht er Bekanntschaft mit den Kids und Kim verliebt sich in den ruhigen und coolen Jungen.
Dieser Einladung folgt auch prompt Martins Einladung zum Essen bei sich zu Hause. Die Mutter (Alicia Silverstone) scheint auch Gefallen an Steven zu haben. Es sieht so aus als wolle Martin den verheirateten Steven mit seiner Mom verkuppeln. Die Beziehung der beiden ungleichen Freunde fühlt sich mehr und mehr unwohl an.
Kurze Zeit später wacht der kleine Bob auf und kann seine Beine nicht mehr bewegen. Die Eltern vermuten sofort eine psychische Störung, die bald wieder behoben werden kann.
Doch zeitgleich lässt Martin die Katze aus dem Sack: Bei einem Treffen in der Cafeteria verlangt er von Steven, der aus Fahrlässigkeit den Tod seines Vaters anscheinend mitverschuldet hat, ein gleichwertiges Opfer. Steven soll ein Familienmitglied töten, ansonsten würden alle qualvoll sterben, zuerst Lähmung, dann Appettitlosigkeit, dann Blut in den Augen. Am Ende der Tod und tatsächlich sind das die Symptome, die bei Bob auftauchen und für die es medizinisch keine Erklärung gibt. Wenig später sackt auch Kim während einer Probe mit ihrem Schülerchor zusammen und ist unfähig zu gehen....




Ein beklemmender Film, der seine Logik brutal weiterführt und mit dem Jungschauspieler Barry Keoghan ein großes Schauspieler-Talent präsentiert, der sich mühelos an der Seite der beiden Stars Nicole Kidman und Colin Farrell als Zerstörer des familären Glücks restlos überzeugen kann. Dabei wird nie so ganz klar wie Martin es schafft, dass die Kids plötzlich diese Lähmungen aufweisen, die sie am Gehen hindern, geschweige denn das Blut, dass irgendwann am Ende des Films aus den Augen von Bob rinnt. Es muss Parapsychologie sein, die den Jungen befähigt erfolgreich der kalte, mitleidlose Rachegott zu sein. Denn er zieht seinen Plan durch und ordnet auch seine Liebe zu Kim diesem teuflischen Plan unter.  Dabei reicherte Lanthimos seine Geschichte mit reichlich schwarzem Humor an. Der antike Stoff besteht auch den Transport in die heutige Zeit hervorragend, denn es geht um Gleichgewicht - aber auch um Schuld und Verdrängung. Der Zuschauer merkt sehr schnell, noch vor Martins teuflischer Offenbarung, dass Stevens Welt nicht so in Ordnung ist wie sie scheint. Lanthimos Thriller kann man durchaus auch dem Horrorgenre zuordnen, denn der Bösewicht Martin scheint eine Macht zu haben, gegen die sein Gegner - die Familie - einfach machtlos ist und der erst klein beigeben wird, wenn der Chirurg zur Sühne bereit ist. Ob Martin es fertig bringt einen seiner Lieben zu opfern ? Jedenfalls hat Giorgos Lanthimos trotz "Dogtooth" und "The Lobster" sein bisheriges Meisterwerk geschaffen.




Bewertung: 9 von 10 Punkten.

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