Dienstag, 23. August 2016

Onibaba

























Regie: Kaneto Shindo

Der Überlebenskampf in Zeiten des Kriegs....

Regisseur Kaneto Shindo, der 2012 im Alter von 100 Jahren verstarb, drehte in den 60er Jahren seine bekanntesten Filme. "Die nackte Insel" wurde 1960 mit dem großen Preis auf dem Internationalen Filmfestival Moskau ausgezeichnet. Danach folgten die Horrorfilme "Onibaba- Die Töterinnen" (1964) und "Yabu no naka no kuroneko" (1968). Diese Filme hatten vor allem starke Frauen als Hauptfiguren. "Onibaba" ist aber der bekannteste Film von ihm und heißt übersetzt "Dämonin". Visuell eindrucksvolle Bilder in schwarz weiß, dazu die hypnotische Musik des Komponisten Hikaru Hayashi zeichnen den Streifen mit Anteilen des japanischen Theaters (Nö) aus.
Die Geschichte, die der Regisseur dem Zuschauer zeigt, spielt während eines Bürgerkrieges im Japan des 14. Jahrhunderts. Zwei verfolgte Krieger finden Schutz im Schilf. Diese Gräserlandschaft wirkt wie ein riesiges Gitter, ein Gefängnis, aus der ein kein Entrinnen gibt. Aber anscheinend haben sie ihre Verfolger zu Pferd abschütteln können. Einer der Männer ist verletzt. Doch sie sitzen in einer Falle, aus der es kein Entrinnen gibt. Eine Waffe durchbohrt einen der Männer, der andere schreit auf. Die Töterinnen haben zugeschlagen. Eine junge Frau (Jitsuko Yoshimura) und ihre Schwiegermutter (Nobuko Otowa) töten flüchtende Samurai oder umherirrende Soldaten, rauben die Leichen aus und werfen sie dann anschließend in ein riesiges Loch, das sich irgendwo in dieser unendlich wirkenden Schilflandschaft befindet. In diesen Bürgerkriegszeiten müssen die Frauen alleine ums Überleben kämpfen. Nach getaner Arbeit wird erst mal gegessen, denn das Töten macht hungrig. Dann ausruhen und schlafen. Die Habseligkeiten der Toten, vor allem Rüstungen und Waffen, verkaufen sie an den gierigen Händler Ushi (Taiji Taonoyama). Eines Tages kehrt ihr Nachbar Hachi (Kei Sato) vom Krieg zurück. Doch der bringt auch eine traurige Nachricht mit nach Hause. Sein Freund (der Sohn der alten Frau und der Mann der Jüngeren) ist auf dem Weg nach Hause von einer Banditenbande ermordet worden. Vor allem die ältere Frau misstraut dem Nachbarn und fragt sich warum er alleine zurückkommt. Sie befürchtet auch eine beginnende Liebschaft zwischen Hachi und ihrer Schwiegertochter, weil er ein Auge auf die hübsche Frau geworfen hat. Die Einsamkeit und der Verzicht auf körperliche Liebe setzt der jüngeren Frau auch zu. Heimlich beginnen sie eine Affäre und leben nachts ihre zügellose Erotik aus, sie begehren einander immer mehr. Die alte Frau bekommt die nächtlichen Ausflüge ihrer Schwiegertochter mit, ist eifersüchtig und fürchtet um ihre Existenz, weil sie alleine ihre den Lebensunterhalt sichernden Raubmorde nicht durchführen kann. Eines Nachts taucht bei ihr ein Samurai (Jukichi Uno) auf, der sein Gesicht unter einer Teufelsmaske verbirgt. Der Mann hat sich in der Schilflandschaft verirrt und zwingt die alte Frau ihm den Weg zu zeigen, der wieder rausführt. Mit einer List gelingt es ihr, dass er in dieses bodenlose Loch fällt. Sie beraubt ihn, während er in dieser Höhle stirbt, vor allem die Teufelsmaske hat es ihr angetan...





Der Samurai hat ihr vorher noch erzählt, dass er die Maske deshalb nicht abnimmt, weil sich das schönste Gesicht darunter verbirgt. Als sie diese Maske dem Sterbenden abnimmt, bemerkt sie wie schwer dies ist. Die Maske lässt sich nur sehr schwer herunternehmen, als sei sie zu einer weiteren Stück Haut geworden. Als sie es schließlich geschafft hat, sieht sie einen Mann mit lepraartigem und blutigem Gesicht, man denkt irgendwie auch an die Atombombenopfer von Hiroshima und Nagasaki bei diesem Anblick. Ist es eine Maske aus der Zukunft ? Die alte Frau wird nun die Trägerin dieser Maske in diesem aussergewöhnlichen und atmosphärisch dichten Werk über menschliche Begierden und Bedürfnisse in ihrer dunklen Ausprägung. Alles in einer Zeit des höchsten Überlebenskampfes und vor allem es war schon immer so und wird auch immer so sein. Der Mensch, der nur überlebt, wenn er bereit ist seine Existenz über die der anderen zu stellen und Herr einer ihm feindlichen Umgebung zu werden. Obwohl der Film vielfach als Horrormovie bezeichnet wird, ist er kein klassischer Genrefilm. Sondern eher ein Film mit einer Schilderung der Menschen in chaotischen Zeiten. Das Schilf ist zugleich auch Lebensraum, Gefängnis, Bedrohung und Versteck. Auch das poetische Bild, das das hohe Schilf rein oberflächlich vermittelt, ist mehr als trügerisch. Schrecken lauert unter dieser Oberfläche, aber auch eine archaische und animalische Kraft. "Onibaba" spielt in der zeit des zermürbenden Bürgerkriegs von 1336 und 1392, macht aber auch Betrachtungen anderer geschichtlichen Ereignissen und Zeiten. Besonders die beiden Hauptdarstellerinnen liefern hervorragende Leistungen ab. Beide sind aufeinander angewiesen und bilden eine erfolgreiche Zweckgemeinschaft. Als der Mann auftaucht, bröckelt diese lebenswichtige Allianz. Eine herausragende Perle des japanischen Films.





Bewertung: 9,5 von 10 Punkten.

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